„Weil nun aber unser Zustand vielmehr etwas ist, das besser nicht wäre; so trägt Alles, was uns umgiebt, die Spur hievon – gleich wie in der Hölle Alles nach Schwefel riecht, – indem Jegliches stets unvollkommen und trüglich, jedes Angenehme mit Unangenehmem versetzt, jeder Genuß immer nur ein halber ist, jedes Vergnügen seine eigene Störung, jede Erleichterung neue Beschwerde herbeiführt, jedes Hülfsmittel unserer täglichen und stündlichen Noch uns alle Augenblicke im Stich läßt und seinen Dienst versagt, die Stufe, auf welche wir treten, so oft unter uns bricht, ja, Unfälle, große und kleine, das Element unsers Lebens sind, und wir, mit Einem Wort, dem Phineus gleichen, dem die Harpyen alle Speisen besudelten und ungenießbar machten. Alles was wir anfassen, widersetzt sich, weil es seinen eigenen Willen hat, der überwunden werden muß. Zwei Mittel werden dagegen versucht: erstlich die eulabeia, d. i. Klugheit, Vorsicht, Schlauheit: sie lernt nicht aus und reicht nicht aus und wird zu Schanden, Zweitens, der Stoische Gleichmuth, welcher jeden Unfall entwaffnen will, durch Gefaßtseyn auf alle und Verschmähen von Allem: praktisch wird er zur kynischen Entsagung, die lieber, ein für alle Mal, alle Hülfsmittel und Erleichterungen von sich wirft: sie macht uns zu Hunden: wie den Diogenes in der Tonne. Die Wahrheit ist: wir sollen elend seyn, und sind's. Dabei ist die Hauptquelle der ernstlichsten Uebel, die den Menschen treffen, der Mensch selbst: homo homini lupus. Wer dies Letztere recht ins Auge faßt, erblickt die Welt als eine Hölle, welche die des Dante dadurch übertrifft, daß Einer der Teufel des Andern seyn muß; wozu denn freilich Einer vor dem Andern geeignet ist, vor Allen wohl ein Erzteufel, in Gestalt eines Eroberers auftretend, der einige Hundert Tausend Menschen einander gegenüberstellt und ihnen zuruft: "Leiden und Sterben ist euere Bestimmung: jetzt schießt mit Flinten und Kanonen auf einander los!" und sie thun es.“

Letzte Aktualisierung 23. Juni 2021. Geschichte

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„Besser ist es, in der Hölle zu herrschen, als im Himmel dienen.“

John Milton (1608–1674) englischer Dichter

Johann Milton's verlornes Paradies. Aus dem Englischen neu übersetzt von Friedrich Wilhelm Bruckbräu. München 1828. S. 38 books.google.de http://books.google.de/books?id=6TE_AAAAYAAJ&pg=PA38
Original engl.: "Better to reign in Hell, than serve in Heav'n." - Paradise Lost, Book 1 (1667) en.wikisource.org http://en.wikisource.org/wiki/Paradise_Lost_(1667)/Book_I

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Victor Hugo zitat: „Eine intelligente Hölle wäre besser als ein dummes Paradies.“
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„Dem Unersättlichen in jeglichem Genuss // Wird selbst das Glück zum Ueberfluss.“

Ludwig Bechstein (1801–1860) deutscher Schriftsteller, Bibliothekar und Archivar

Der Fuhrmann. Aus: Der Todtentanz. Ein Gedicht. Leipzig: Leo, 1831. S. 191.

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„Der Freund kann dich verraten, aber der Feind läßt dich nicht im Stich.“

Karl-Eduard von Schnitzler (1918–2001) deutscher Journalist

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„Das wahrhaft schöpferische, geniale Kunststück, Gemeinschaft und Persönlichkeit in der Menschengestaltung zu vereinen, hat bisher unsere Epik nur höchst unvollkommen zustande gebracht. In dieser Vereinigung aber erblicken wir die Perspektive einer neuen Romanliteratur.“

Johannes Robert Becher (1891–1958) deutscher Schriftsteller und Politiker, MdV

Macht der Poesie. In: Bekenntnisse, Entdeckungen, Variationen. Denkdichtung in Prosa. Hrsg. von Horst Haase. 1. Auflage. Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag, 1968. S. 227

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„Ein geschlagenes Kind trägt Spuren der Folter.“

Janusz Korczak (1878–1942) polnischer Arzt, Pädagoge und Kinderbuchautor

zitiert in: Von Kindern und anderen Vorbildern. Gütersloh 1985, Seite 25 (ISBN 3579010840), laut Quellenverzeichnis aus: Die verbrecherische Strafe in: Janusz Korczak: "Pisma Wybrane" (=Ausgewählte Werke), Warschau 1978, Bd. II, Seite 175. Deutsch von Ilse Renate Wompel.

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