„Inzwischen verlangt die Billigkeit, daß man die Universitätsphilosophie nicht bloß, wie hier gescheht!, aus dem Standpunkte des angeblichen, sondern auch aus dem des wahren und eigentlichen Zweckes derselben beurtheile. Dieser nämlich läuft darauf hinaus, daß die künftigen Referendarien, Advokaten, Aerzte, Kandidaten und Schulmänner auch im Innersten ihrer Ueberzeugungen diejenige Richtung erhalten, welche den Absichten, die der Staat und seine Regierung mit ihnen haben, angemessen ist. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, bescheide mich also in dieser Hinsicht. Denn über die Nothwendigkeit, oder Entbehrlichkeit eines solchen Staatsmittels zu urtheilen, halte ich mich nicht für kompetent; sondern stelle es denen anheim, welche die schwere Aufgabe haben, Menschen zu regieren, d. h. unter vielen Millionen eines, der großen Mehrzahl nach, gränzenlos egoistischen, ungerechten, unbilligen, unredlichen, neidischen, boshaften und dabei sehr beschränkten und querköpfigen Geschlechtes, Gesetz, Ordnung, Ruhe und Friede aufrecht zu erhalten und die Wenigen, denen irgend ein Besitz zu Theil geworden, zu schützen gegen die Unzahl Derer, welche nichts, als ihre Körperkräfte haben. Die Aufgabe ist so schwer, daß ich mich wahrlich nicht vermesse, über die dabei anzuwendenden Mittel mit ihnen zu rechten. Denn „ich danke Gott an jedem Morgen, daß ich nicht brauch’ für’s Röm’sche Reich zu sorgen,”—ist stets mein Wahlspruch gewesen. Diese Staatszwecke der Universitätsphilosophie waren es aber, welche der Hegelei eine so beispiellose Ministergunft verschafften. Denn ihr war der Staat „der absolut vollendete ethische Organismus,” und sie ließ den ganzen Zweck des menschlichen Daseyns im Staat aufgehn. Konnte es eine bessere Zurichtung für künftige Referendarien und demnächst Staatsbeamte geben, als diese, in Folge welcher ihr ganzes Wesen und Seyn, mit Leib und Seele, völlig dem Staat verfiel, wie das der Biene dem Bienenstock, und sie auf nichts Anderes, weder in dieser, noch in einer andern Welt hinzuarbeiten hatten, als daß sie taugliche Räder würden, mitzuwirken, um die große Staatsmaschine, diesen ultimus finis bonorum, im Gange zu erhalten? Der Referendar und der Mensch war danach Eins und das Selbe. Es war eine rechte Apotheose der Philistern.“

Parerga and Paralipomena (1851), On Philosophy in the Universities

Übernommen aus Wikiquote. Letzte Aktualisierung 26. Mai 2024. Geschichte

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„Jedes Werkzeug erhält nämlich dadurch seine Vollendung, dass es nicht mehreren, sondern nur einem Zwecke dient.“

Aristoteles (-384–-321 v.Chr) klassischer griechischer Philosoph

Politik I, 2 (vgl. archive.org http://archive.org/stream/aristotelespoli00berngoog#page/n17/mode/2up/search/werkzeug)
"οὕτω γὰρ ἂν ἀποτελοῖτο κάλλιστα τῶν ὀργάνων ἕκαστον, μὴ πολλοῖς ἔργοις ἀλλ' ἑνὶ δουλεῦον"- el.wikisource http://el.wikisource.org/wiki/%CE%A0%CE%BF%CE%BB%CE%B9%CF%84%CE%B9%CE%BA%CE%AC/%CE%91

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„Unser Geist projiziert in die Zukunft voraus durch unsere Absichten, die sich nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich ausdehnen, in Richtung künftiger Ziele - es ist geradezu das Wesen von Absichten, in die Zukunft hineinzureichen.“

Rupert Sheldrake (1942) britischer Autor und Biologe

aus "Der siebte Sinn des Menschen", S. 344; Übersetzt aus dem Englischen von Michael Schmidt, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, Januar 2006, ISBN 3-596-16870-8

Émile Michel Cioran zitat: „Das ganze Geheimnis des Lebens läuft darauf hinaus, dass es keinerlei Sinn hat; dass aber jeder von uns dennoch einen ausfindig macht!“
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„Gewiss ist die Krankheit nützlich, die nach der Hand des Arztes verlangt.“

Bernhard von Clairvaux (1090–1153) mittelalterlicher Abt, Kreuzzugsprediger und Mystiker

Über die Bekehrung

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„Die politische Absicht ist der Zweck, der Krieg ist das Mittel, und niemals kann das Mittel ohne Zweck gedacht werden.“

Vom Kriege, 1. Buch, 1. Kapitel, Unterkapitel 24
Vom Kriege (postum 1832-1834)

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„Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines andern Staats gewalttätig einmischen.“

Zum ewigen Frieden, erster Abschnitt, BA 11
Zum ewigen Frieden (1795)

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