„DER ASYLANT
Oft kommt aus einem fernen Land
zu uns gereist der Asylant.
Die einen finden ihn ganz toll,
für and‘re ist das Boot schon voll.
Der Asylant versteht das nicht,
weil er nicht unsere Sprache spricht.
Er trinkt gern Tee, doch keinen Wein,
schon gar nicht isst er was vom Schwein.
Sehr selten ist der Asylant,
wie wir es meinen, tolerant.
Des Gastlands Sitte nicht geläufig,
denkt er nur an die Sippe häufig,
Er träumt von Vätern, Brüdern, Tanten,
ach wär‘n auch sie bald Asylanten!
Schnell sind die ersten nachgereist,
wer besser zahlt, wird eingeschleust.
Doch das erregt im Volk Protest:
„Stellt nicht die Fremden aufs Podest!
Sie sollen nicht kriegen, ohne Frist,
oft mehr Geld als der Pensionist“!
Wer weiß, ob jeder Asylant,
daheim verfolgt ward militant?
Vielleicht kommt er aus armem Land
der Wirtschaft wegen als Migrant?
Bleibt Helfen auch dann Bürgerpflicht,
wenn er sich integrierte nicht?
Das fragen Reiche so wie Arme,
der Zwist schwillt an, dass Gott erbarme.
Zur Urne wird darum gerufen,
um Volkes Wille einzustufen.
Doch zeigt nicht selten solche Wahl
der Fremdenfreunde Minderzahl.
Was tun wir, wird sodann gefragt:
Er geht nicht heim, wenn man‘s ihm sagt!
Das Herkunftsland, das nimmt ihn nicht,
so bleibt er hier, auf lange Sicht.
Als Folge baut man Mauern auf,
das zeigt uns der Geschichte Lauf.“

Quelle: Zitat aus: Stefan M. Gergely: Sprach:Bilder. Gedanken, Gedichte, Fotos. Verlag Bibliothek der Provinz: Weitra 2020, ISBN 978-3-99028-936-5, S. 151

Letzte Aktualisierung 10. Februar 2024. Geschichte
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Stefan M. Gergely 541
österreichischer Journalist und Sachbuchautor 1950

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„Ich habe es schon häufig als bedauerlich empfunden, dass Noah und seine Sippe das Boot nicht verpasst haben.“

Christian Science, Buch II, Kap. VII, The Church Edifice
Original engl.: "Often it does seem such a pity that Noah and his party did not miss the boat."
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„Aber nicht das volle Format trifft den Betrachter, sondern das, was vielleicht ganz leise zu ihm spricht. Das, was einflüsternd zu Ihnen vorstößt, was etwas in Ihnen freilegt an Energien, an die Sie schon gar nicht mehr geglaubt haben“

Jörg Immendorff (1945–2007) deutscher Maler und Bildhauer

Farah Lenser, " Immendorf: Ohne Risiko ist nix los http://www.farah-lenser.de/files/pdf/einseitig%20pdf/Immendorff:%20Ohne%20Risiko%20ist%20nix%20los!%20:%20Platzanweiser%20:%20www.Einseitig.Info.pdf," in: Heute, 18.01.2006

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„Warum kann der lebendige Geist dem Geist nicht erscheinen! // Spricht die Seele so spricht ach! schon die Seele nicht mehr.“

Friedrich Schiller (1759–1805) deutscher Dichter, Philosoph und Historiker

Tabulae votivae, Sprache, S. 177
Gedichte und Balladen, An die Freude (1785), Tabulae votivae (1797)

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August Kopisch (1799–1853) deutscher Maler und Schriftsteller

Die Heinzelmännchen. In: Gedichte. Berlin: Duncker und Humblot, 1836. S. 102, Vers 111f.

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Heinrich Seuse (1295–1366) mittelalterlicher Mystiker, wirkte in Konstanz und Ulm, 1831 seliggesprochen

Das Leben Heinrich Suso's, LIV. Kapitel, zitiert nach: Heinrich Suso's Leben und Schriften, Hrsg. Melchior Diepenbrock, Zweite Auflage, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1837, S. 153,
Originalzitat: "Ach zarter got, bist du in diner creatur als minneklich, owe, wie bist du denn in dir selb so gar schon und minneklich!"- Leben Seuses, Kap. L., in: Heinrich Seuse, Hrsg. K. Bihlmeyer, Stuttgart 1907, S. 172, Zeilen 21f., archive.org https://archive.org/details/deutscheschrift01seusgoog

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Haydn auf den Einwand Mozarts, er spreche zu wenige Sprachen um nach London zu reisen, zitiert nach: C. Albert Ludwig, Joseph Haydn. Ein Lebensbild, Verlag von Adolph Büchting, Nordhausen 1867, S. 73,
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