Ernst Jünger:
Aktuelle Zitate
(seite 8)
Die Aktuelle Zitate von Ernst Jünger · Lesen Sie die neuesten Zitate in der Sammlung
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„Der Techniker rechnet mit einzelnen Vorteilen. In der großen Buchführung sieht das oft anders aus. Liegt in der Welt der Versicherungen, der Impfungen, der peinlichen Hygiene, des hohen Durchschnittsalters ein wirklicher Gewinn? Es lohnt sich nicht, darüber zu streiten, weil sie sich weiter ausbilden wird und weil sich die Ideen, auf denen sie beruht, noch nicht erschöpft haben. Das Schiff wird seine Fahrt fortsetzen, auch über die Katastrophen hinweg. Die Katastrophen bringen freilich gewaltige Ausmerzungen. Wenn ein Schiff untergeht, versinkt auch die Apotheke mit. Es kommt da auf andere Dinge an, wie etwa darauf, daß man einige Stunden im Eiswasser übersteht. Die vielfach geimpfte, keimfreie, an Medikamente gewöhnte Besatzung von hohem Durchschnittsalter hat da geringere Aussicht als jene andere, die das alles nicht kennt. Eine minimale Sterblichkeit in ruhigen Zeiten gibt keinen Maßstab für die wahre Gesundheit; sie kann über Nacht in ihr Gegenteil umschlagen. Es ist sogar möglich, daß sie noch unbekannte Seuchen erzeugt. Das Gewebe der Völker wird anfällig.“
„Selbstverständlich ist Ähnliches auch möglich innerhalb der Schulmedizin. jeder, der heilt, wirkt ja an einem Wunder mit, sei es mit oder trotz seinen Apparaten und Methoden, und viel ist schon gewonnen, wenn er das erkennt. Der Mechanismus kann überall durchbrochen, unschädlich oder sogar nützlich gemacht werden, wo der Arzt mit seiner menschlichen Substanz erscheint. Diese unmittelbare Zuwendung wird freilich durch die Bürokratie erschwert. Doch ist es schließlich so, daß »auf dem Schiff« oder auch auf der Galeere. auf der wir leben, das Funktionale immer wieder von Menschen durchbrochen wird, sei es durch ihre Güte, sei es durch ihre Freiheit oder durch ihren Mut zur unmittelbaren Verantwortung. Der Arzt, der einem Kranken gegen die Vorschrift etwas zuwendet, verleiht vielleicht gerade dadurch dem Mittel Wunderkraft. Durch dieses Auftauchen aus den Funktionen leben wir.“
„Der ungeheure Zulauf, den die Scharlatane und wunderdoktoren finden, erklärt sich nicht nur durch die Leichtgläubigkeit der Massen, sondern auch durch ihr Mißtrauen gegen den medizinischen Betrieb und im besonderen gegen die Art, in der er sich automatisiert. Diese Zauberer, wie plump sie auch ihr Handwerk treiben, weichen doch in zwei wichtigen Dingen ab: einmal, indem sie den Kranken als Ganzen nehmen, und zweitens, indem sie die Heilung als Wunder darstellen. Gerade das entspricht dem immer noch gesunden Instinkt, und darauf beruhen die Heilungen.“
„Verdächtig und im höchsten Maße zur Vorsicht mahnend ist der immer größere Einfluß, den der Staat auf den Gesundheitsbetrieb zu nehmen beginnt, meist unter sozialen Vorwänden. Dazu kommt, daß infolge weitgehender Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht bei allen Konsultationen Mißtrauen zu empfehlen ist. Man weiß doch nie, in welche Statistik man eingetragen wird, und zwar nicht nurbei den Medizinalstellen. All diese Heilbetriebe mit angestellten und schlecht bezahlten Ärzten, deren Kuren durch die Bürokratie überwacht werden, sind verdächtig und können sich über Nacht beängstigend verwandeln, nicht nur im Kriegsfalle. Daß dann die musterhaft geführten Kartotheken wieder die Unterlagen liefern, auf Grund deren man interniert, kastriert oder liquidiert werden kann, ist zum mindesten nicht unmöglich.“
„Der Widerstand des Waldgängers ist absolut, er kennt keine Neutralität, keinen Pardon, keine Festungshaft. Er erwartet nicht, daß der Feind Argumente gelten läßt, geschweige denn ritterlich verfährt. Er weiß auch, daß, was ihn betrifft, die Todesstrafe nicht aufgehoben wird. Der Waldgänger kennt eine neue Einsamkeit, wie sie vor allem die satanisch angewachsene Bosheit mit sich bringt - ihre Verbindung mit der Wissenschaft und dem Maschinenwesen, die zwar kein neues Element, doch neue Erscheinungen in die Geschichte bringt.“