Ernst Jünger:
Aktuelle Zitate
(seite 6)
Die Aktuelle Zitate von Ernst Jünger · Lesen Sie die neuesten Zitate in der Sammlung
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„Demgegenüber ist es wichtig, zu wissen, daß jeder Mensch unsterblich und daß ein ewiges Leben in ihm ist, unerforschtes und doch bewohntes Land, das er selbst leugnen mag, doch das keine zeitliche Macht ihm rauben kann. Der Zugang bei vielen, ja bei den meisten mag einem Brunnen gleichen, in welchen seit Jahrhunderten Trümmer und Schutt geworfen sind. Räumt man sie fort, so findet man am Grunde nicht nur die Quelle, sondern auch die alten Bilder vor. Der Reichtum des Menschen ist unendlich größer, als er ahnt. Es ist ein Reichtum, den niemand rauben kann und der im Lauf der Zeiten auch immer wieder sichtbar anflutet, vor allem, wenn der Schmerz die Tiefen aufgegraben hat.“
„Die Panik, die man heute weithin beobachtet, ist bereits der Ausdruck eines angezehrten Geistes, eines passiven Nihilismus, der den aktiven herausfordert. Der freilich ist am leichtesten einzuschüchtern, der glaubt, daß, wenn man seine flüchtige Erscheinung auslöscht, alles zu Ende sei. Das wissen die neuen Sklavenhalter, und darauf gründet sich die Bedeutung der materialistischen Lehren für sie. Sie dienen im Aufstand zur Erschütterung der Ordnung und sollen nach errungener Herrschaft den Schrecken verewigen. Es soll keine Bastionen mehr geben, auf denen der Mensch sich unangreifbar und damit furchtlos fühlt.“
„Dem Unbefangenen mag zugleich sichtbar werden, daß sich im Besitz auch eine ruhende, wohltätige Macht verbirgt, und zwar nicht nur für den Besitzenden. Die Eigenart des Menschen ist ja nicht nur schaffend, sie ist auch zerstörend, ist sein Daimonion. Wenn die zahlreichen kleinen Grenzen fallen, die sie beschränken, richtet sie sich wie der entfesselte Gulliver im Lande der Zwerge empor. Der also konsumierte Besitz verwandelt sich in unmittelbare, in funktionale Gewalt. Man sieht dann die neuen Titanen, die Übermächtigen. Auch dieses Schauspiel hat seine Grenzen, hat seine Zeit. Es bildet keine Dynastie.“
„Die eigene Art zu wahren ist schwierig — und um so schwieriger, je mehr man mit Gütern belastet ist. Hier droht das Schicksal jener Spanier unter Cortez, die in der »traurigen Nacht« die Last des Goldes, von dem sie sich nicht trennen wollten, zu Boden zog. Dafür ist auch der Reichtum, der zur eigenen Art gehört, nicht nur unvergleichlich wertvoller, er ist die Quelle jedes sichtbaren Reichtums überhaupt. Wer das erkannt hat, wird auch begreifen, daß Zeiten, die auf die Gleichheit aller Menschen hinarbeiten, ganz andere Früchte als die erhofften zeitigen. Sie nehmen nur die Zäune, die Gitter, die sekundäre Verteilung fort und schaffen gerade dadurch Raum. Die Menschen sind Brüder, aber sie sind nicht gleich. In diesen Massen verbergen sich immer Einzelne, die von Natur aus, das heißt in ihrem Sein, reich, vornehm, gütig, glücklich oder mächtig sind. Auf sie strömt Fülle zu im gleichen Maße, in dem die Wüste wächst. Das führt zu neuen Mächten und zu neuem Reichtum, zu neuen Teilungen.“
„Indem wir hier den Vorgang nicht »auf dem Schiffe«, sondern vom Waldgang her betrachten, unterwerfen wir ihn den Forum des souveränen Einzelnen. Von seiner Entscheidung hängt ab, was er als Eigentum betrachten und wie er es behaupten will. In einer Zeit wie dieser wird er gut tun, wenn er geringe Angriffsflächen zeigt. Er wird also bei seiner Bestandsaufnahme zu unterscheiden haben zwischen Dingen, die kein Opfer lohnen, und solchen, für die es zu kämpfen gilt. Sie sind die unveräußerlichen, das echte Eigentum. Sie sind es auch, die man, wie Bias das Seine, mit sich trägt oder die, wie Heraklit sagt, zur eigenen Art gehören, die des Menschen Dämon ist. Zu ihnen zählt auch das Vaterland, das man im Herzen trägt und das von hier, vom Unausgedehnten her, ergänzt wird, wenn es im Ausgedehnten, in seinen Grenzen, Verletzungen erlitt.“
„Wichtig ist dabei, daß der Enteignete sich über die Idee des individuellen Raubes erhebe, der an ihm begangen wird. Sonst wird in ihm ein Trauma bleiben, ein inneres Fortbestehen des Verlustes, das dann im Bürgerkriege sichtbar wird. Das Gut ist freilich ausgegeben, und deshalb steht zu befürchten, daß der Enterbte sich auf anderen Gebieten zu entschädigen sucht, als deren nächstes sich der Terror anbietet. Man tut vielmehr gut, sich zu sagen, daß man notwendig und auf alle Fälle in Mitleidenschaft gezogen wird, wenngleich unter verschiedenen und wechselnden Begründungen. Die Lage, vom andern Pol aus gesehen, ist zugleich die des Endlaufes, bei dem der Wettkämpfer die letzten Kräfte ausgibt, im Angesicht des Ziels. Ganz ähnlich handelt es sich bei der Heranziehung des Kapitals auch nicht um reine Ausgabe, sondern um Investierung im Hinblick auf neue und notwendig gewordene Ordnungen, vor allem auf das Weltregiment. Man kann sogar sagen: die Ausgaben sind und waren derart, daß sie entweder auf den Ruin oder auf eine äußerste Möglichkeit hinweisen.“
„Wer einmal den Brand einer Hauptstadt, den Einmarsch östlicher Heere erlebt hat, der wird nie ein waches Mißtrauen verlieren gegenüber allem, was man besitzen kann. Das kommt ihm zugute, denn er wird zu jenen zählen, die ohne allzu großes Bedauern ihrem Hofe, ihrem Hause, ihrer Bibliothek den Rücken kehren, falls es nötig wird. Ja er wird merken, daß damit zugleich ein Akt der Freiheit verbunden ist. Nur wer sich umblickt, erleidet das Schicksal von Lots Weib.“
„Der Deutsche mußte darüber nachdenken. Nach seiner Niederlage wurde die Absicht, ihn auf ewig zu entrechten, ihn zu versklaven, ihn durch Aufteilung zu vernichten, an ihm erprobt. Diese Prüfung war schwerer als die des Krieges, und man darf sagen, daß er sie bestanden hat, bestanden schweigend, ohne Waffen, ohne Freunde, ohne ein Forum auf dieser Welt. In diesen Tagen, Monaten und Jahren wurde eine der größten Erfahrungen ihm zuteil. Er wurde zurückgeworfen auf sein Eigentum, auf seine der Vernichtung entzogene Schicht. Hier liegt ein Mysterium, und solche Tage sind verbindender als eine gewonnene Entscheidungsschlacht. Der Reichtum des Landes liegt in seinen Männern und Frauen, die äußerste Erfahrungen gemacht haben, wie sie irn Laufe vieler Geschlechter nur einmal an den Menschen herantreten. Das gibt Bescheidenheit, aber es gibt auch Sicherheit. Die ökonomischen Theorien gelten »auf dem Schiffe«, während das ruhende und unveränderliche Eigentum irn Walde liegt, als Fruchtgrund, der stets neue Ernten bringt.“