„Wie nun der Philosoph zur Wirklichkeit des Daseins, so verhält sich der künstlerisch erregbare Mensch zur Wirklichkeit des Traumes; er sieht genau und gern zu: denn aus diesen Bildern deutet er sich das Leben, an diesen Vorgängen übt er sich für das Leben. Nicht etwa nur die angenehmen und freundlichen Bilder sind es, die er mit jener Allverständigkeit an sich erfährt: auch das Ernste, Trübe, Traurige, Finstere, die plötzlichen Hemmungen, die Neckereien des Zufalls, die bänglichen Erwartungen, kurz die ganze "göttliche Komödie" des Lebens, mit dem Inferno, zieht an ihm vorbei, nicht nur wie ein Schattenspiel - denn er lebt und leidet mit in diesen Scenen - und doch auch nicht ohne jene flüchtige Empfindung des Scheins; und vielleicht erinnert sich Mancher, gleich mir, in den Gefährlichkeiten und Schrecken des Traumes sich mitunter ermuthigend und mit Erfolg zugerufen zu haben: "Es ist ein Traum! Ich will ihn weiter träumen!" Wie man mir auch von Personen erzählt hat, die die Causalität eines und desselben Traumes über drei und mehr aufeinanderfolgende Nächte hin fortzusetzen im Stande waren: Thatsachen, welche deutlich Zeugniss dafür abgeben, dass unser innerstes Wesen, der gemeinsame Untergrund von uns allen, mit tiefer Lust und freudiger Nothwendigkeit den Traum an sich erfährt.“

The Birth of Tragedy (1872)

Übernommen aus Wikiquote. Letzte Aktualisierung 23. Juni 2021. Geschichte
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Friedrich Nietzsche 373
deutscher Philosoph und klassischer Philologe 1844–1900

Ähnliche Zitate

„Wer Träume nicht ernst nimmt, spielt nur mit dem Traum. Wir leben von Möglichkeiten und sterben an Wirklichkeiten.“

Hans Kudszus (1901–1977) deutscher Aphoristiker

Jaworte, Neinworte, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1973, ISBN 3518012525

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„Während wir alle von einer Insel in der Südsee träumen, von der Rückkehr ins Paradies, sieht die Wirklichkeit ganz anders aus.“

Ernest Dichter (1907–1991) österreichisch-amerikanischer Psychologe und Marktforscher

Überzeugen, nicht verführen

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„Merz will Befreiung von jeder Fessel, um künstlerisch formen zu können. Freiheit ist nicht Zügellosigkeit, sondern das Resultat strenger künstlerischer Zucht. Merz bedeutet auch Toleranz in bezug auf irgendwelche Beschränkung aus Künstlerischen Gründen. Es muss jedem Künstler gestattet sein, ein Bild etwa nur aus Löschblättern zusammenzusetzen, wenn er nur bilden kann.“

Kurt Schwitters (1887–1948) deutscher Maler, Werbegrafiker und Universalkünstler des Dadaismus

"Merz. Für den Ararat geschrieben" (1920); in: Das literarische Werk, Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa. Köln: DuMont Schauberg, 1981, S. 77 books.google http://books.google.de/books?id=fpy0AAAAIAAJ&q=fessel

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„Klug ist, wer die Wirklichkeit sieht, wie sie ist, wer auf den Grund der Dinge sieht. Klug ist allein, wer die Wirklichkeit in Gott sieht.“

Manfred Weber (1972) deutscher Politiker (CSU), MdEP

Dietrich Bonhoeffer. Worte für jeden Tag

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„Die Wirklichkeit ist falsch. Träume sind wahr.“

Tupac Shakur (1971–1996) US-amerikanischer Rap-Musiker
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„Ich mag es, wenn Wirklichkeit und Träume nicht auseinanderklaffen.“

Wim Wenders (1945) deutscher Filmregisseur, Dramatiker, Drehbuchautor, Fotograf und Filmproduzent

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