„…der kann sich nicht entbrechen, in Sokrates den einen Wendepunkt und Wirbel der sogenannten Weltgeschichte zu sehen. Denn dächte man sich einmal diese ganze unbezifferbare Summe von Kraft, die für jene Welttendenz verbraucht worden ist, nicht im Dienste des Erkennens, sondern auf die praktischen d.h. egoistischen Ziele der Individuen und Völker verwendet, so wäre wahrscheinlich in allgemeinen Vernichtungskämpfen und fortdauernden Völkerwanderungen die instinctive Lust zum Leben so abgeschwächt, dass, bei der Gewohnheit des Selbstmordes, der Einzelne vielleicht den letzten Rest von Pflichtgefühl empfinden müsste, wenn er, wie der Bewohner der Fidschiinseln, als Sohn seine Eltern, als Freund seinen Freund erdrosselt: ein praktischer Pessimismus, der selbst eine grausenhafte Ethik des Völkermordes aus Mitleid erzeugen könnte - der übrigens überall in der Welt vorhanden ist und vorhanden war, wo nicht die Kunst in irgend welchen Formen, besonders als Religion und Wissenschaft, zum Heilmittel und zur Abwehr jenes Pesthauchs erschienen ist.“

The Birth of Tragedy (1872)

Übernommen aus Wikiquote. Letzte Aktualisierung 23. Juni 2021. Geschichte

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„Wer sich einmal anschaulich macht, wie nach Sokrates, dem Mystagogen der Wissenschaft, eine Philosophenschule nach der anderen, wie Welle auf Welle, sich ablöst, wie eine nie geahnte Universalität der Wissensgier in dem weitesten Bereich der gebildeten Welt und als eigentliche Aufgabe für jeden höher Befähigten die Wissenschaft auf die hohe See führte, von der sie niemals seitdem wieder völlig vertrieben werden konnte, wie durch diese Universalität erst ein gemeinsames Netz des Gedankens über den gesammten Erdball, ja mit Ausblicken auf die Gesetzlichkeit eines ganzen Sonnensystems, gespannt wurde; wer dies Alles, sammt der erstaunlich hohen Wissenspyramide der Gegenwart, sich vergegenwärtigt, der kann sich nicht entbrechen, in Sokrates den einen Wendepunkt und Wirbel der sogenannten Weltgeschichte zu sehen. Denn dächte man sich einmal diese ganze unbezifferbare Summe von Kraft, die für jene Welttendenz verbraucht worden ist, nicht im Dienste des Erkennens, sondern auf die praktischen d. h. egoistischen Ziele der Individuen und Völker verwendet, so wäre wahrscheinlich in allgemeinen Vernichtungskämpfen und fortdauernden Völkerwanderungen die instinctive Lust zum Leben so abgeschwächt, dass, bei der Gewohnheit des Selbstmordes, der Einzelne vielleicht den letzten Rest von Pflichtgefühl empfinden müsste, wenn er, wie der Bewohner der Fidschiinseln, als Sohn seine Eltern, als Freund seinen Freund erdrosselt: ein praktischer Pessimismus, der selbst eine grausenhafte Ethik des Völkermordes aus Mitleid erzeugen könnte – der übrigens überall in der Welt vorhanden ist und vorhanden war, wo nicht die Kunst in irgend welchen Formen, besonders als Religion und Wissenschaft, zum Heilmittel und zur Abwehr jenes Pesthauchs erschienen ist.“

Friedrich Nietzsche (1844–1900) deutscher Philosoph und klassischer Philologe

Die Geburt der Tragodie, Unzeitgemasse Betrachtungen I-III: (1872-74), Aus: Werke: Kritische Gesamtausgabe, Abt. 3, Bd. 1

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„Die Gesellschaft besteht nicht aus Individuen, sondern drückt die Summe der Beziehungen, Verhältnisse aus, worin diese Individuen zueinander stehn.“

Grundrisse, Das Kapitel vom Kapital, MEW 42, S. 189
Grundrisse (1857-58)
Quelle: Grundrisse: Foundations of the Critique of Political Economy

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„Alles Sehen und Erkennen der Dinge und Gesetze ohne Gott wird zur Abstraktion, zur Loslösung vom Ursprung und vom Ziel.“

Manfred Weber (1972) deutscher Politiker (CSU), MdEP

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„Die Droge verbraucht aber auch das Leben.“

Salvador Dalí (1904–1989) spanischer Maler, Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner
Aristoteles zitat: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
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„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“

Aristoteles (-384–-321 v.Chr) klassischer griechischer Philosoph

verkürztes Zitat aus Metaphysik VII 17, 1041b
Ausführlicher: "Das, was aus Bestandteilen so zusammengesetzt ist, dass es ein einheitliches Ganzes bildet – nicht nach Art eines Haufens, sondern wie eine Silbe –, das ist offenbar mehr als bloß die Summe seiner Bestandteile. Eine Silbe ist nicht die Summe ihrer Laute: ba ist nicht dasselbe wie b plus a, und Fleisch ist nicht dasselbe wie Feuer plus Erde."

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„Ich habe als Bundesminister 80 Prozent meiner Kraft dazu verwendet, gegen Unfug anzukämpfen.“

Ludwig Erhard (1897–1977) Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland

zitiert in: "Von Erhard lernen", „Die Zeit“, Nr. 20, zeit. de, 11. Mai 2005

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