Émile Michel Cioran: Aktuelle Zitate (seite 2)

„Wer keine Demütigungen kennengelernt hat, weiß nicht, was es heißt, auf der untersten Stufe seiner selbst anzukommen.“

„Wer sich selbst überlebt, verfehlt seine Biographie. Letzten Endes können nur die abgebrochenen Schicksale als vollendet gelten.“

„An den Verheißungen der Utopie scheint alles bewundernswert und ist alles falsch; an den Feststellungen der Reaktionäre ist alles verabscheuenswert und scheint alles wahr.“

„Das Auge der Erkenntnis, ein Analphabet kann es besitzen und sich damit über jeden Wissenschaftler erheben.“

„In den Qualen des Intellekts findet sich eine Haltung, die man vergebens in denen des Herzens suchen würde. Die Skepsis ist die Eleganz der Angst.“

„Solange man begehrt, lebt man in der Unterwerfung, ist man der Welt ausgeliefert; sobald man zu begehren aufhört, genießt man die Vorrechte eines Gegenstandes und eines Gottes … man hängt von niemandem mehr ab.“

„Von Natur aus bin ich jedem Unternehmen gegenüber abweisend, daß ich, um mich zu einem solchen zu entschließen, zuvor in einer Biographie von Alexander oder Dschingis-Khan blättern muss.“

„Zugleich die Lust auf Provokation und Rückzug haben, instinktmäßig ein Störenfried und aus Überzeugung ein Leichnam sein!“

„Geschwätz ist jede Konversation mit einem, der nicht gelitten hat.“

„Es lohnt nicht die Mühe sich zu töten, denn man tötet sich immer zu spät.“

„Nur der Schriftsteller ohne Leser kann sich den Luxus leisten, aufrichtig zu sein. Er wendet sich an niemanden, höchstens an sich selber.“

„Das Glück ist nicht in der Begierde, sondern in der Abwesenheit von Begierde, genauer, in der Begeisterung für diese Abwesenheit.“

„Alles reduziert sich schließlich auf die Begierde und die Abwesenheit von Begierde. Der Rest ist Nuance.“

„Schüchtern, ohne Dynamik, ist das Gute unfähig, sich mitzuteilen, das viel eifrigere Böse will sich übertragen und erreicht es, denn es besitzt das zweifache Privilegium, faszinierend und ansteckend zu sein.“

„Das Paradoxe verleiht dem Leben den Zauber ausdrucksfähiger Absurdität, gibt ihm das zurück, was es ihm von Anfang an beigelegt hat.“

„Außerhalb des Nirwana im Leben – eine seltene Leistung, ein fast unerreichbarer Extremzustand – ist die Abschaffung der Begierde eine Chimäre; man schafft die Begierde nicht ab, man läßt sie in der Schwebe, und sonderbarerweise wird dieser Schwebezustand begleitet von einem Gefühl der Macht, einer neuen, nicht gekannten Gewißheit.“

„Die Menschen leiden an der Zukunft, stürzen sich ins Leben, flüchten die Zeit, suchen. Und nichts schmerzt mich mehr denn ihre suchenden, vergeblichen, doch der Vergeblichkeit baren Augen.“

„Nur Menschen, die suchen, aber nicht finden wollen, konnten Virtuosen des inneren Dramas werden.“

„In jedem Menschen schlummert ein Prophet: erwacht er, so gibt es ein klein wenig mehr des Übels in der Welt.“