Haruki Murakami Zitate

seite 22

35 tiefgründige und zum Nachdenken anregende Worte über Liebe und Einsamkeit

„Vermutlich ist das eine Frage, die sich nicht einfach als richtig oder falsch beantworten lässt. Schliesslich gibt es in der Welt falsche Entscheidungen, die richtige Ergebnisse, und auch richtige Entscheidungen, die falsche Ergebnisse zur Folge haben. Um solcher, nennen wir es ruhig: Absurdität zu entgehen, muss man sich auf den Standpunkt stellen, dass man in Wahrheit nicht, aber auch nichts entscheidet, und im Grossen und Ganzen denke und lebe ich danach. Was geschieht, das geschieht, und was nicht, eben nicht.“

„So ist das Leben. Wie schwer und tödlich unser Verlust auch sein mag, wie wichtig auch immer das, dessen wir beraubt wurden: wir leben einfach weiter. Selbst wenn nur noch die äußerste Schicht unserer Haut die gleiche geblieben ist und wir zu völlig anderen Menschen geworden sind, strecken wir die Hände nach der uns zugemessenen Zeit aus, holen sie ein und bringen sie schließlich hinter uns. Sooft ich darüber nachdenke, wie wir unermüdlich und meist ohne besonderes Geschick unsere alltäglichen Verrichtungen wiederholen, überkommt mich das Gefühl einer entsetzlichen Leere.“

„Für jeden von uns gibt es etwas ganz Besonderes, das sich ihm nur in einem bestimmten Augenblick als schwache kleine Flamme darbietet. Einige achtsame, vom Glück begünstigte Menschen hegen diese Flamme, bis sie groß genug ist, um ihnen wie eine Fackel den Lebensweg zu erhellen. Erlischt diese Flamme jedoch, können wir sie nie wieder entzünden.“

„Doch in ihren Fingerspitzen spürt sie nichts als den unendlichen Durst ihres Herzens.“

„Fantasielose Enge, Intoleranz. Dogmatische Thesen, hohle Begriffe, eigenmächtige Ideale, rigide Systeme. Für mich sind das sehr beängstigende Dinge, die ich von ganzem Herzen verabscheue. Natürlich ist die Frage, was richtig oder falsch ist, von großer Bedeutung. Aber schon ein einziges Fehlurteil kann oft nie wieder rückgängig gemacht werden. Selbst wenn man den Mut hat, den Fehler einzugestehen, ist es hinterher meist zu spät. Engstirnigkeit und Intoleranz sind wie Parasiten. Sie wechseln immer wieder ihren Wirt und ändern ihre Form. Es gibt keine Rettung vor ihnen.“

„Ich frage mich, ob die Erinnerungen für uns Menschen nicht der Kraftstoff sind, von dem wir leben? Ob diese Erinnerungen wirklich wichtig sind oder nicht, ist für das Weiterleben nicht von Bedeutung. Sie sind nur Brennstoff.“

„Manchmal denke ich, das Herz eines Menschen ist wie ein tiefer Brunnen. Niemand weiß, was auf seinem Grund ist. Man kann es sich nur anhand der Dinge vorstellen, die bisweilen an die Oberfläche treiben.“

„Die größte Furcht empfinden die Menschen vor den Auswüchsen ihrer eigenen Einbildungskraft.“

„Jean-Jacques Rousseau zufolge entsteht Zivilisation dann, wenn die Menschheit Schranken errichtet. […] Demnach ist jede Zivilisation das Resultat von Schranken und Unfreiheit. Nur die Aborigines in Australien sind anders. Bis ins 17. Jahrhundert hatten sie eine Zivilisation ohne Schranken. Sie waren von Grund auf frei. Sie gingen, wann es ihnen gefiel, wohin es ihnen gefiel, um zu tun, was ihnen gefiel. Ihr Leben war buchstäblich eine einzige Wanderschaft. Das Umherziehen war die profunde Metapher des Lebens. Als die Engländer kamen und Zäune für ihr Vieh bauten, begriffen die Aborigines den Sinn davon nicht. Da sie nicht imstande waren, dieses Prinzip zu verstehen, jagte man sie als asoziale, gefährliche Wesen in die Wildnis. Deshalb solltest auch du auf der Hut sein […]. Auf dieser Welt haben letztlich die Menschen die besten Überlebenschancen, die hohe, dauerhafte Zäune errichten. Wenn du die nicht anerkennst, wirst du in die Wildnis gejagt.“

„Die aufregenden Dinge auf der Welt hat ein Mensch sehr schnell satt, und die Dinge, derer er nicht überdrüssig wird, sind meist langweilig. Zwar gibt es in meinem Leben langweilige Perioden, Überdruss jedoch empfinde ich nicht. Die meisten Menschen können beides nicht voneinander unterscheiden.“

„Hören Sie, ich weiß sehr gut, dass ich so klein und unbedeutend bin, dass man eine Lupe braucht, um mich wahrzunehmen. Das war schon immer so. Suchen Sie mich mal auf einem Klassenfoto heraus, das dauert! Ich habe keine Familie, wenn ich jetzt von der Bildfläche verschwinde, gerät niemand in Not. Ich habe keine Freunde, keiner wird trauern, wenn ich nicht mehr da bin. Das weiß ich alles. Trotzdem, es hört sich vielleicht komisch an, aber ich war mit der Welt, wie sie ist, zufrieden. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht war ich auch zwei und hab mich köstlich mit mir selbst amüsiert. Ich weiß es nicht. Jedenfalls fühle ich mich in dieser Welt sehr wohl. Vieles darin gefällt mir nicht, und manchen scheine ich nicht zu gefallen, doch anderes gefällt mir, und was mir gefällt, gefällt mir -sehr-. Ob ich der Welt gefalle, ist mir scheißegal. Das ist mein Leben. Ich will nicht woanders hin. Unsterblichkeit brauche ich nicht. Alt werden ist nicht einfach, doch es betrifft mich ja nicht allein. Alle werden alt. Einhörner will ich nicht, ich will auch keinen Zaun!“

„In ihrer Gegenwart vergaß ich den fundamentalen Unterton von Einsamkeit, der mein Leben bestimmte.“

„Ich könnte so etwas nie. Mir fehlen die Reserven, um Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen. Die Last meines eigenen Lebens und meiner Einsamkeit zu tragen kostet mich schon meine ganze Kraft.“

„Und wenn du aufwachst, wirst du Teil einer neuen Welt sein.“

„Körperlich darf man sich ruhig verausgaben, aber seine Seele muss man davon freihalten.“

„Wohin man auch geht, sich selbst entkommt man nicht. Es ist so wie mit dem eigenen Schatten, der folgt einem auch überallhin.“

„Das Blöde an einem Labyrinth ist, dass man erst am Ende weiß ob der Weg, für den man sich entschieden hat, richtig oder falsch war. Und wenn man am Ende merkt, dass man sich geirrt hat, ist es meistens zu spät. Das ist das Problem bei Labyrinthen.“

„Ich bin frei. Ich schließe die Augen und denke eine Weile über diesen Umstand nach. Aber noch bin ich nicht imstande, wirklich zu begreifen, was es bedeutet, frei zu sein. Im Augenblick begreife ich nur, dass ich völlig allein bin. Allein in einem unbekannten Land, wie ein einsamer Entdecker ohne Kompass und Karten. Ist das Freisein?“

„Wir waren, sie ebenso wie ich, noch fragmentarische Geschöpfe, die gerade erst begannen, die Existenz einer unerwarteten Wirklichkeit zu erahnen, die wir uns noch würden aneignen müssen, die uns ausfüllen und vervollständigen würde. Wir standen vor einer Tür, die wir noch nie zuvor gesehen hatten. Wir beide allein, unter einem schwach flackernden Licht, unsere Hände fest umeinander geschlossen, für flüchtige zehn Sekunden.“

„Konsequenz und eine begründete Weltsicht stellten in den intellektuellen Scharmützeln, die in der zerschnipselten Zeit der Massenmedien aufflackerten, nur Ballast dar […].“

„Neugier kann manchmal den Mumm aus seinem Versteck hervorlocken, ihm vielleicht sogar einen richtigen Schubs geben. Aber Neugier verfliegt in der Regel bald. Mumm braucht Durchhaltevermögen.“

„Manchmal reicht eine Kleinigkeit, um einen an der empfindlichsten Stelle im Herzen zu treffen.“

„Er hat schon ungefähr 150.000 km runter. Ab und zu, vielleicht ein Strich bis zweimal im Monat, später Anlasser verrückt. Ich kann deinen Schlüssel noch so auf dem Schloss umdrehen, da Motor springt nicht an. Aber ich würde ihn deshalb nicht extra in die Werkstatt bringen.“

„Immer wenn er daran dachte - und das war ziemlich oft -, sank sein Herz an einen lichtlosen, kalten Ort.“

„Vermutlich […] streben die meisten Menschen auf der Welt gar nicht nach Freiheit. Sie bilden es sich nur ein. Alles Illusion. Wären sie auf einmal tatsächlich frei, wären viele ziemlich aufgeschmissen. […] In Wirklichkeit lieben wir die Unfreiheit.“

„Die Zeit entzieht in der Regel den meisten Dingen ihr Gift und macht sie harmlos.“

„Eifersucht war - das hatte Tsukuru durch diesen Traum begriffen - das trostloseste Gefängnis, das es auf der Welt gab. Denn es war ein Gefängnis, in das der Gefangene sich gewissermaßen selbst einsperrte. Niemand zwang ihn dazu. Er ging aus freien Stücken hinein, schloss von innen ab und warf den Schlüssel durch das Gitter nach außen. Und niemand auf der ganzen Welt wusste, dass er dort eingekerkert war. Nur wenn er sich selbst dazu entschloss, konnte er es verlassen. Denn das Gefängnis befand sich in seinem Inneren. Doch er war außerstande, diesen Entschluss zu fassen. Sein Herz war von einer unüberwindlichen Mauer umgeben. Das war die wahre Natur der Eifersucht.“

„Ein trübes, bescheidenes Glimmen im dichten, undurchdringlichen Dunkel, wie ein verirrter Geist auf ewiger Wanderschaft.“

„Fest verankert wie ein Luftballon.“

„Von Geburt an in den engen Grenzen einer abgeschlossenen Gemeinschaft aufgewachsen, fiel es ihnen schwer, die Regeln eines ausgedehnteren Umfelds zu verstehen und zu akzeptieren. Oftmals waren sie verunsichert und trauten ihrem eigenen Umfeld nicht.“

„Somerset Maugham hat einmal geschrieben, in jeder Rasur liegt eine Philosophie, und ich pflichte diesem Gedanken entschieden bei. Ganz gleich, wie banal und alltäglich eine Tätigkeit sein mag, wenn man sie nur lange genug ausübt, bekommt sie etwas Meditatives oder Kontemplatives.“

“Nakata let his body relax, switched off his mind, allowing things to flow through him. This was natural for him, something he'd done ever since he was a child, without a second thought. Before long the borders of his consciousness fluttered around, just like the butterflies. Beyond these borders lay a dark abyss. Occasionally his consciousness would fly over the border and hover over that dizzying, black crevass. But Nakata wasn't afraid of the darkness or how deep it was. And why should he be? That bottomless world of darkness, that weighty silence and chaos, was an old friend, a part of him already. Nakata understood this well. In that world there was no writing, no days of the week, no scary Governor, no opera, no BMWs. No scissors, no tall hats. On the other hand, there was also no delicious eel, no tasty bean-jam buns. Everything is there, but there are no parts. Since there are no parts, there's no need to replace one thing with another. No need to remove anything, or add anything. You don't have to think about difficult things, just let yourself soak it all in. For Nakata, nothing could be better.”

“The elevator continued its impossibly slow ascent. Or at least I imagined it was ascent. There was no telling for sure: it was so slow that all sense of direction simply vanished. It could have been going down for all I knew, or maybe it wasn’t moving at all. But let’s just assume it was going up. Merely a guess. Maybe I’d gong up twelve stories, then down three. Maybe I’d circled the globe. How would I know?”

“I was twenty-one at the time, about to turn twenty-two. No prospect of graduating soon, and yet no reason to quit school. Caught in the most curiously depressing circumstances. For months I'd been stuck, unable to take one step in any new direction. The world kept moving on; I alone was at a standstill. In the autumn, everything took on a desolate cast, the colors swiftly fading before my eyes. The sunlight, the smell of the grass, the faintest patter of rain, everything got on my nerves.”

“You still don't get it, do you? We're talking about a revelation here," Colonel Sanders said, clicking his tongue. "A revelation leaps over the borders of the everyday. A life without revelation is no life at all. What you need to do is move from reason that observes to reason that acts. That's what's critical. Do you have any idea what I'm talking about, you gold-plated whale of a dunce?”

“My biggest fault is that the faults I was born with grow bigger each year. It's like I was raising chickens inside of me. The chickens lay their eggs and the eggs hatch into other chickens, which then lay eggs.”

“He inherited from his mother's stories the fundamental style he used, unaltered, in his own stories: namely, the assumption that fact may not be truth, and truth may not be factual.”

“The world of the grotesque is the darkness within us. Well before Freud and Jung shined a light on the workings of the subconscious, this correlation between darkness and our subconscious, these two forms of darkness, was obvious to people. It wasn't a metaphor, even. If you trace it back further, it wasn't even a correlation. Until Edison invented the electric light, most of the world was totally covered in darkness. The physical darkness outside and the inner darkness of the soul were mixed together, with no boundary separating the two. They were directly linked. Like this.”

“Works that have a certain imperfection to them have an appeal for that you're attracted to Soseki's The Miner. There's something in it that draws you in, more than more fully realized novels like Kokoro or Sanshiro. You discover something about that work that tugs at your heart-or maybe we should say that work discovers you.”

“I said this one day to the doctor in charge of my case, and he told me that, in a sense, what I was feeling was right, that we are in here not to correct the deformation but to accustom ourselves to it: that one of our problems was our inability to recognize and accept our own deformities. Just as each person has certain idiosyncrasies in the way he or she walks, people have idiosyncrasies in the way they think and feel and see things, …”

“Fairness is a concept that holds only in limited situations. Yet we want the concept to extend to everything, in and out of phase. From snails to hardware stores to married life. Maybe no one finds it, or even misses it, but fairness is like love. What is given has nothing to do with what we seek.”

“Where does your responsibility begin here? Wiping away the nebula from your sight, you struggle to find where you really are. You're trying to find the direction of the flow, struggling to hold on to the axis of time. But you can't locate the borderline separating dream and reality. Or even the boundary between what's real and what's possible. All you're sure of is that you're in a delicate position. Delicate-and dangerous. You're pulled along, a part of it, unable to pin down the principles of prophecy, or of logic. Like when a river overflows, washing over a town, all road signs have sunk beneath the waves. And all you can see are the anonymous roofs of the sunken houses.”

“The world would be a pretty dull place if it were made up only of the first-rate, right?”

“In a letter from Naoko, Norwegian Wood”

“You build up relationships like that one after another and before you know it you have meaning. The more connections, the deeper the meaning. Doesn't matter if it's eel, or rice bowls, or grilled fish, whatever. Get it?”

“Everybody has some one thing they do not want to lose," began the man. "You included. And we are professionals at finding out that very thing. Humans by necessity must have a midway point between their desires and their pride. Just as all objects must have a center of gravity. This is something we can pinpoint. Only when it is gone do people realize it even existed.”

“There's that kind of money in the world. It aggravates you to have it, makes you miserable to spend it, and you hate yourself when it's gone. And when you hate yourself, you feel like spending money. Except there's no money left. And no hope.”

“The basic stupidity of modern Japan is that we’ve learned absolutely nothing from our contact with other Asian peoples.”

“Money had no name of course. And if it did have a name, it would no longer be money. What gave money its true meaning was its dark-night namelessness, its breathtaking interchangeability.”

“First, about the mind. You tell me there is no fighting or hatred or desire in the Town. That this is a beautiful dream, and I do want your happiness. But the absence of fighting or hatred or desire also means the opposites do not exist either. No joy, no communion, no love. Only where there is disillusionment and depression and sorrow does happiness arise; without the despair of loss, there is no hope.”

“Seeing a lot of water like that every day is probably an important thing for human beings. For human beings might be a bit of a generalization—but I do know it’s important for one person: me. If I go for a time without seeing water, I feel like something’s slowly draining out of me. It’s probably like the feeling a music lover has when, for whatever reason, he’s separated from music for a long time. The fact that I was raised near the sea might have something to do with it.”

“You are a beautiful person, Doctor. Clearheaded. Strong. But you seem always to be dragging your heart along the ground. From now on, little by little, you must prepare yourself to face death. If you devote all of your future energy to living, you will not be able to die well. You must begin to shift gears, a little at a time. Living and dying are, in a sense, of equal value.”

“I watched an old American submarine movie on television. The creaking plot had the captain and first officer constantly at each other’s throat. The submarine was a fossil, and one guy had claustrophobia. But all that didn’t stop everything from working out well in the end. It was an everything-works-out-in-the-end-so-maybe-war’s-not-so-bad-after-all sort of film. One of these days they’ll be making a film where the whole human race gets wiped out in a nuclear war, but everything works out in the end.”

“I'm a very ordinary human being; I just happen to like reading books.”

“I’m not particularly interested in collecting things, but there’s one sort of running motif in my life: despite my basic indifference, objects just seem to collect around me, of their own volition.”